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17.10.2019

300 Menschen setzen in Hanau Zeichen der Solidarität

News Hanau

Rund 300 Menschen sind am frühen Mittwochabend dem Aufruf zu einer Solidaritätskundgebung auf dem Hanauer Freiheitsplatz gefolgt. Sie setzten gemeinsam ein starkes Zeichen.

Die irre Tat eines Einzelnen? Der versuchte Überfall auf eine Synagoge im sachsen-anhaltinischen Halle am 9. Oktober und der daraus resultierende eiskalte Mord an zwei völlig unbeteiligten Menschen hat Deutschland in eine andere Zeit katapultiert. „Wir müssen auch der Sprachverrohung im Internet als Vorstufe zum Mord entgegentreten“, sagte Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky am Mittwoch bei einer Solidaritätskundgebung für jüdische Mitbürger auf dem Freiheitsplatz.

Viele Muslime dabei

Rund 300 Menschen hatten sich trotz Regen dort, rund um das Denkmal des jüdischen, in Hanau geborenen Malers Moritz Daniel Oppenheim versammelt. Auch zahlreiche Muslime aus verschiedenen Vereinigungen, unter anderem die Ahmadiyya Muslim Jamaat, nahmen teil. „Es ist deprimierend und macht wütend: Acht Jahrzehnte nach dem Holocaust werden in Deutschland wieder Juden offen von Mördern angegriffen“, machte der Hanauer OB deutlich, in welchem Rahmen jene Tat von Halle steht. Denn die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, aus denen der Täter von Halle offenbar seine ideologischen (Wahn-)Vorstellungen von einer „Gefährdung der weißen Rasse“ bezieht, sind nur allzu offensichtlich und können eindeutig mit den Begriffen Rassismus und Antisemitismus gleichgesetzt werden.

OB: "Ein Angriff, der auf uns alle zielt"

Der Täter sei mit äußerster Brutalität vorgegangen und habe so viele Menschen wie möglich töten wollen. Letztlich sei dies ein Angriff gewesen, „der auf uns alle zielt. Und er trifft uns mitten ins Herz“, sagte Kaminsky. Der rechtsradikale Terrorismus attackiere jede Idee der Menschlichkeit, wolle die Gesellschaft in Angst und Schrecken versetzen und im Endeffekt jedes freie, solidarische Miteinander zerstören.
Der Hanauer Oberbürgermeister sieht die Morde des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) an zehn Menschen, das Attentat auf einen Flüchtling in Wächtersbach, den Mord am Regierungspräsidenten Walter Lübcke, in einer Reihe. Die 51 Menschen in der Synagoge in Halle blieben unverletzt: Aus Frust schoss Stephan B. dann wahllos auf andere. „Wir gedenken heute auch der beiden Todesopfer: der 40-jährigen Jana und dem 20-jährigen Kevin. Ich sage klar und deutlich: Es reicht! Wir müssen begreifen, dass wir handeln müssen. Der demokratische Rechtsstaat muss jetzt seine Wehrhaftigkeit endlich unter Beweis stellen.“

Schweigeminute für die Opfer

Damit leitete Kaminsky eine Schweigeminute zum Gedenken an die beiden Opfer ein. Und mahnte anschließend: „Für uns alle gilt: Wir sind aufgerufen, uns im Alltag den rechtsextremen Anfeindungen entgegen zu stellen. Wir müssen antreten gegen die Enthemmung.“ Damit meinte er auch die zunehmende Verrohung der Sprache in den Sozialen Medien, die er in Teilen als „Asoziale Medien“ bezeichnete. Unter großem Beifall sagte der OB: „Zuerst kommt die Menschlichkeit!“.

"Wir lassen Sie nicht nochmal im Stich"

An die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Hanau, Iryna Pysarevska gewandt, und in Erinnerung an die Deportation und Ermordung auch Hanauer Juden im März 1945, meinte er: „Wir lassen Sie nicht noch einmal im Stich.“ Pysarevska stellte die Tat von Halle in einen internationalen Zusammenhang und erklärte, bezogen auf die Attentate auf Juden in Pittsburgh (USA) und San Diego (USA) sowie auf betende Muslime in Christchurch (Neuseeland): „Das sind weit mehr als Alarmzeichen. Wieder einmal wurde uns vor einer Woche in Halle deutlich vor Augen geführt, welche Ausmaße Hass, Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit annehmen können – auch in Deutschland.“

Beileid vom Ausländerbeirat

Die Vorsitzende des Hanauer Ausländerbeirats, Selma Yilmaz Ilkhan, brachte ebenfalls das Beileid aller Hanauer, gleich welchen Glaubens, mit den Opfern von Halle und die Solidarität mit der jüdischen Gemeinde zum Ausdruck.