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10.11.2025

„Hanauer Geschichte dem Vergessen entrissen“

News Hanau

Beeindruckende Einweihung des Denkmals für die Judengasse – Eindringliche Mahnung von Daniel Neumann

   
Es waren eindringliche Worte, die Daniel Neumann an die 200 Teilnehmer der Einweihungsfeier für das Denkmal der Judengasse richtete – aber nicht nur an die, vielmehr an die Zivilgesellschaft insgesamt.

Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinden Hessen wies in einer pointierten Rede auf den grassierenden Antisemitismus hin, darauf, dass Juden immer häufiger öffentlichen Anfeindungen ausgesetzt seien; und dass, abgesehen von der Politik, die Zivilgesellschaft nach dem Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober 2023 geschwiegen habe – „ein eisiges Schweigen“, so Neumann. Der 51-jährige Rechtsanwalt und Autor würdigte aber auch die von einem breiten Fundament getragene Initiative in Hanau für das Denkmal.

Dieses zeigt eine dreidimensionale Ansicht der historischen Judengasse (heute: Nordstraße). Mit dem Denkmal werde lange „nach dem Untergang der jüdischen Welt“ während des Nationalsozialismus „ein Stück Hanauer Geschichte dem Vergessen entrissen“, sagte Neumann, und es würden Spuren jüdischer Menschen und Kultur zurückgeholt. Bei der Enthüllung, an der viele Vertreter aus Politik und gesellschaftlicher Gruppierungen teilnahmen, rief Neumann auch zu gegenseitiger Toleranz und gelebter Gemeinsamkeit auf, was aber nur durch „tätiges Handeln“ gelinge. Das Denkmal der Judengasse, über das unsere Zeitung vorab berichtet hatte, basiert auf einer Konzeption des Hanauer Studenten Philipp Lach, die er in 140-stündiger Arbeit anhand von Plänen, die seine Mutter Iris Lach im Stadtarchiv gesichtet hatte, am Computer entwickelte. Umsetzt und finanziert wurde das Modell im Maßstab 1:250 am 3-D-Metalldrucker bei Evonik. Das Unternehmen, so Standortleiterin Kerstin Oberhaus, sei sich seiner historischen Verantwortung bewusst. Evonik-Vorgänger Degussa hatte während der NS-Zeit unter anderem Zwangsarbeiter beschäftigt.

Das Denkmal sei eines, das in mehrfacher Hinsicht Tiefgang habe. Neben einer historischen Dimension sei auch ein bedeutendes Hanauer Kunstwerk entstanden, das in einem Vierklang mit dem Denkmal auf dem Freiheitsplatz für den jüdischen Maler Moritz Daniel Oppenheim, der Gedenkstätte an der Ghettomauer für die während der NS-Diktatur ermordeten Hanauer Juden und dem jüdischen Friedhof zu sehen sei, hob Oberbürgermeister Claus Kaminsky hervor. Die Realisierung erfolgte im Jubiläumsjahr der Jüdischen Gemeinde Hanau, die vor 30 Jahren neu gegründet worden ist.

Nach der Enthüllung erläuterte Philipp Lach das Modell der Judengasse, in der sich einst auch die Geburtshäuser von Moritz Daniel Oppenheim (1800–1882) sowie des Unternehmers und Politikers Friedrich Canthal (1848–1922) befanden.

Und er wies auf eine Besonderheit seines Werks hin, verbunden mit der Aufforderung an die Besucher: „Man darf es anfassen.“

(Quelle: Hanauer Anzeiger vom 08.11.2025)