„Das soll schon antisemitisch sein? – Antisemitismus erkennen und entgegentreten“: Workshop für Schulleitungen im Main-Kinzig-Kreis stärkt Handlungssicherheit im Umgang mit Judenfeindlichkeit im schulischen Alltag
Diesen Fragen widmete sich am vergangenen Dienstag ein intensiver Fortbildungsnachmittag mit rund 35 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aller Schulformen im Main-Kinzig-Kreis. Unter dem Titel „Das soll schon antisemitisch sein? – Antisemitismus erkennen und entgegentreten“ luden das Staatliche Schulamt und die Jüdische Gemeinde Hanau gemeinsam mit der Unterstützung der Stadt Hanau, der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Hessen (RIAS) sowie dem Polizeipräsidium Südosthessen ein.
Silke Siekemeyer, Leiterin des Staatlichen Schulamts, Bürgermeister Dr. Maximilian Bieri und Oliver Dainow, Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde Hanau, hoben das Engagement der Teilnehmerinnen und Teilnehmer hervor. Sie betonten das starke Signal, dass von diesem Nachmittag ausgehe: gegen Wegsehen und für eine Schule, die antisemitischen Tendenzen aktiv entgegentritt.
Antisemitismus als gesamtgesellschaftliche Herausforderung
Im Verlauf des Nachmittags wurde deutlich, wie vielschichtig Antisemitismus betrachtet werden muss und dass er sich nicht auf eine einzelne Ausdrucksform beschränkt. Antisemitismus ist in verschiedenen gesellschaftlichen und politischen Milieus präsent und äußert sich sowohl in subtilen Chiffren und Symboliken, in Form von Schuldumkehr und Relativierung aber auch in offenen und deutlichen Erkennungsmustern. Dabei wirkt Antisemitismus oft als Brückenideologie, die Übergänge in andere menschenfeindliche Weltbilder schafft.
Polizeiliche Perspektiven und konkrete Fallbearbeitung
Erdogan Karakaya vom Polizeipräsidiums Südosthessen zeigte auf Basis der aktuellen Studienlage Stimmungsbilder junger Menschen und welche Motivationen und Überzeugen sich daraus ableiten. Neben der Definition von Antisemitismus wurde herausgearbeitet wie Antisemitismus aus präventiver und repressiver Perspektive bearbeitet wird, welche rechtlichen Grundlagen bestehen und welche Formen der Zusammenarbeit mit Schulen möglich sind.
Dr. Susanne Urban gab im Anschluss einen Einblick in die Fallzahlen antisemitischer Vorfälle 2023 und 2024: seit 2022 wurde ein enormer Anstieg dokumentiert. Auch im schulischen Kontext. RIAS Hessen beleuchtete insbesondere die Betroffenenperspektive. Dabei wurde deutlich, dass die jüdische Community sehr unterschiedlich geprägt ist und welche Auswirkungen die aktuelle Entwicklung auf jüdische Menschen hat.
Im Anschluss arbeiteten die Teilnehmenden in Kleingruppen mit realen, anonymisierten Fallbeispielen aus hessischen Schulen, die bei RIAS gemeldet wurden. Gemeinsam wurden die Fälle analysiert und anschließend im Plenum Strategien zum Umgang und zur Prävention erarbeitet.
Fachlicher Austausch und Wunsch nach Vertiefung
Die abschließende Reflexion zeigte deutlich, wie groß der Bedarf nach weiterer Auseinandersetzung mit dem Thema ist. Das Staatliche Schulamt und die Jüdische Gemeinde Hanau haben bereits beschlossen, das Format fortzusetzen und gemeinsam weitere Workshops anzubieten, um die Antisemitismusprävention an Schulen langfristig zu stärken.