Eindrückliche Zeremonie: Christen und Juden feiern gemeinsam G'ttesdienst
Dieses Datum war bewusst gewählt, da es zugleich der Vorabend zu Allerheiligen und Allerseelen ist. Während Juden und Reformierte keine Heiligenverehrung kennen, stellt die katholische Kirche einzelne Menschen besonders hervor, die Vorbildcharakter haben. Vorbilder im Glauben haben aber alle drei Religionsgemeinschaften, seien sie biblisch oder aus der Geschichte und Gegenwart.
Aus aktuellem Anlass wurden vorbildliche Friedensstifter in bewegenden Ansprachen und biblischen Texten besonders gewürdigt, verbunden mit dem Friedensgebet für das Heilige Land. Dechant Andreas Weber begrüßte mit Pfarrer Torben W. Telder unter den zahlreichen Teilnehmern besonders die jüdische Gemeinde als „die älteren Brüder und Schwestern der Christen“ mit ihrem Geschäftsführer Oliver Dainow und Rabbiner Andrew Steiman.
Steiman schilderte das Lebenswerk des polnischen Kinderarztes Janusz Korczak, der unter dem Einsatz des eigenen Lebens in der Verfolgungszeit Kinder aus einem jüdischen Waisenhaus bei der Deportation begleitete sowie den Friedenseinsatz der polnischen Krankenschwester Irena Sendler, die als Christin jüdische Kinder aus dem Warschauer Ghetto schmuggelte, um sie vor der Deportation zu bewahren.
Telder beeindruckte mit seinem Traum vom Frieden für unsere Zeit, ausgehend von der Himmelsleiter des Stammvaters Jakob aus dem Buch Genesis und der eindrücklichen Vision Martin Luther Kings in seiner berühmten Ansprache „I have a dream“.
Weber stellte das Friedenswerk der Heiligen Franziskus und Klara von Assisi in den Mittelpunkt und beschrieb die ansteckende Wirkung dieser Lebenszeugnisse auf Maximilian Kolbe, einem polnischen Franziskaner, der stellvertretend für einen Familienvater im Konzentrationslager Auschwitz in den Hungerbunker ging. Auch der junge Carlo Acutis war als Jugendlicher beeindruckt von der Haltung des Franziskus und wurde als Influencer im Internet ein moderner Friedensstifter – Acutis verstarb jedoch im Jahr 2006 mit gerade einmal 15 Jahren.
Der Gottesdienst wurde kirchenmusikalisch umrahmt mit Musik beider Traditionen durch Kantor Krystian Skoczowski und dem Kirchenchor von St. Elisabeth, mit gregorianischem Choral zum „Da Pacem Domine“ und in der Version von Melchior Franck. Pfarrer Torben W. Telder sang eindrücklich die Synagogengesänge „Sim Shalom“ und den von Rabbiner Steiman erläuterten Kaddisch-Gesang „Osse Shalom“ in aramäischer Sprache.
Der Segen wurde in hebräisch und deutsch gesprochen, bevor die Gemeinde mit den drei Liturgen – alle fassten sich an die Hände – im Wechsel in das Schlusslied: „In deinen Toren werd’ ich stehen, du freie Stadt Jerusalem. In deinen Toren kann ich atmen, erwacht mein Lied in deinem Lied.“
Für die Stadt Hanau sprach die erste Bürgerin Stadtverordnetenvorsteherin Beate Funck ein Grußwort.
Die nächste Christlich-Jüdische Andacht ist für den 19. Februar in der Wallonisch-Niederländischen Kirche am Gedenktag des Hanauer Anschlags geplant.
(Quelle: Hanauer Anzeiger vom 08.11.2023)